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Fahnen mit Fantasie-Preisen am Haus – um Wohnungskäufer zu irritieren, 1989

Fahnen mit Fantasie-Preisen am Haus – um Wohnungskäufer zu irritieren, 1989

Wem gehört das Haus?

Haynstr.1-3-Hegestr. 41 war ursprünglich ein reines Mietshaus, dessen Eigentümer ausschließlich daran interessiert waren, aus der Vermietung Geld zu ziehen. 1969 jedoch kam es an eine Baufirma, die es abreißen und an seiner Stelle einen Neubau errichten wollte.

Transparent 1975

Als das Vorhaben am Widerstand der Mieter scheiterte, verkaufte die Baufirma das Haus an eine Schweizer Grundstücksgesellschaft, die Ende 1975 mit den Bewohner einen Mietvertrag über das gesamte Haus abschloss, der bis heute in Kraft ist und auch weiter Bestand hat.

Allerdings beantragte die Grundstücksgesellschaft nach vier Jahren die Umwandlung in eine Eigentumswohnanlage und verkaufte das Haus an ein Konsortium, das 1982 die Wohnungen einzeln weiterverkaufte. Seitdem gibt es im Grundbuch nicht mehr nur ein Blatt mit der Aufschrift „Haynstr.1-3/Hegestr. 41“, sondern es sind dort 24 Blätter abgeheftet, jedes mit einem anderen Namen, dem Namen desjenigen, der eine Wohnung gekauft hat und sie nun als „Sondereigentum“ besitzt, zusätzlich zu seinem Anteil am „Gemeinschaftseigentum“, der nach Quadratmetern berechnet wird.

Umwandlungen, in Hamburg seit Jahrzehnten gängige Praxis, haben den Wohnraum verteuert und das Angebot an Mietwohnungen verringert. Vielfach mussten Mieter ihre Wohnungen verlassen, weil die Erwerber Eigenbedarf geltend machten. Im Fall der Haynstr.1-3/Hegestr. 41 war die Umwandlung darüber hinaus eine Dummheit ersten Ranges: Der Erwerber kann mit seiner Wohnung nichts anfangen. Er kann weder selbst einziehen noch sie anderen vermieten. Dem ist die Mietergemeinschaft im Wege, deren Rechte vorgehen.

Transparent 1990

Im Lauf der Jahre hat die Mehrzahl der Erwerber ihren Fehler eingesehen und die Wohnungen an Mitglieder der Mietergemeinschaft verkauft. Die müssen sich nun in eine Doppelrolle einfinden. Sie sind Eigentümer einer Wohnung im Haus, zugleich aber auch Mitglieder der Mietergemeinschaft. Die Mieter-Rolle ist dabei die wichtigere, denn sie allein gibt die Berechtigung, im Haus zu wohnen.

Gedrängt hat sich von uns niemand danach, zu kaufen. Wir wurden durch die Veränderungen auf der Eigentümerseite dazu gezwungen. Immerhin haben unsere Käufe positive Auswirkungen. Es lässt sich auf diese Weise der Bestand der Mietergemeinschaft sichern. Dem Haus bleibt der Charakter eines Mietshauses erhalten, die im Grundgesetz geforderte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist gewahrt, die „Marktregeln“ sind außer Kraft gesetzt, es lohnt einfach nicht, mit der Immobilie Haynstr.1-3/Hegestr. 41 zu spekulieren.

Der verbleibenden Minderheit der Eigentümer, sieben sind es insgesamt, passt dieser Zustand natürlich überhaupt nicht. Seit 1989 versuchen sie unablässig, das Mietverhältnis loszuwerden – bis heute ohne jeden Erfolg. Ein Interesse daran, im Haus zu wohnen, dürfte keiner von ihnen haben. Was einzelne bisher an Eigenbedarfsgründen vorgebracht haben, klang reichlich konstruiert. Eher ist anzunehmen, dass sie ihre Wohnungen als Anlageobjekte betrachten, die Rendite abwerfen sollen. Argwöhnisch passen sie auf, das keiner mehr die Reihen verlässt. Dazu haben sie untereinander eine notariell beglaubigte Übereinkunft getroffen, dass keiner mehr seine Wohnung an jemand von der Mieterseite verkauft.

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